In der Diskussion über die Digitalisierung, insbesondere im Gesundheitswesen, entsteht leicht der Eindruck, als ginge es hier um etwas abstraktes, fast schon metaphorisches. Schade eigentlich, denn das absolute Gegenteil ist der Fall!
Als Entwickler von Softwarelösungen für das Gesundheitswesen sind wir seit 40 Jahren am Puls der Digitalisierung. Genauso lange erleben wir ihre Nützlichkeit. Wir hatten die Gelegenheit unseren Kunden Prof. Dr. Bernd Wolfarth, Leiter des Institut für Sportwissenschaften und Sportmedizin an der Charité in Berlin, zu fragen, welchen Effekt die Digitalisierung auf ihn und sein Team hat.
Welchen Effekt spüren Sie durch die Digitalisierung an Ihrem Institut an der Charité?
Prof. Dr. Bernd Wolfarth: Erstens mal sind wir papierlos. Das ist etwas ganz banales: wir haben drauf gedrängt papierlos zu werden, weil wir stetig gewachsen sind mit der Abteilung und nach 2-3 Jahren einfach die Archivkapazitäten mehr oder weniger überfüllt waren. Das ist ein erster ganz handfester Vorteil.
Und dann ist es natürlich klar die Zuordenbarkeit der Daten, das Wiederfinden der Daten, die Verwendung der Daten in jedweder Richtung. Ob das jetzt automatisierte Arztbriefschreibung ist, oder ob es dann in irgendeiner Form eine Datenauswertung im wissenschaftlichen Sinne ist. All das sind natürlich Erfolge der Digitalisierung und die Qualitätssicherung spielt eine ganz große Rolle. Zum einen natürlich bei der Datenhaltung, aber natürlich auch bei der Datenerhebung, dass man da natürlich so wenig wie möglich Fehlerquellen hat.
Wie schätzen Sie ganz allgemein die Digitalisierung im Gesundheitswesen ein?
Prof. Dr. Bernd Wolfarth: Ich denke im Gesundheitswesen ist es erstmal wichtig, dass wir Digitalisierung benötigen. In den letzten Jahren hat sich einiges getan, aber bei weitem nicht so viel, wie wir es uns gewünscht hätten. Wenn ich es mal so runterbreche auf meine Abteilung, die ich hier in Berlin habe, war es ein frühes Ansinnen von mir zu versuchen, Prozesse digital abzubilden. Und wir haben es tatsächlich geschafft. In unserer Abteilung sind wir seit drei Jahren papierlos, haben also eine digitale Akte für unsere Patienten. Aber es ist natürlich jetzt insgesamt in Deutschland noch ein großer Nachholbedarf in dem Bereich gegeben. Im Sport, im Leistungssport, da ist es eine sehr heterogene Landschaft, was jetzt die medizinische Versorgung auch anbelangt. Da sind wir aber sicherlich weit davon entfernt Digitalisierung in allen Bereichen zu haben. Zumal eben diese Heterogenität noch mal zusätzliche Probleme aufwirft: Es gibt viele Bereiche, die sind durch unterschiedlichste Institutionen versorgt, d.h. da kommen Leute aus Praxen, Leute aus Kliniken, Leute die als „Free Agent“ unterwegs sind zusammen und da ist es natürlich eine echte Herausforderung. Also da gibt es in der Zukunft noch einiges zu tun, um eine kontinuierliche digitale Datenhaltung zu Verfügung zu stellen. Das ist in meinen Augen auch noch ein recht weiter Weg.
In der Diskussion über die Digitalisierung, insbesondere im Gesundheitswesen, entsteht leicht der Eindruck, als ginge es hier um etwas abstraktes, fast schon metaphorisches. Schade eigentlich, denn das absolute Gegenteil ist der Fall! Die Kernfrage, der wir uns in allen Digitalisierungsprojekten stellen, ist, wo können wir ganz praktisch unterstützen, erleichtern oder überhaupt erst möglich machen?
Prof. Dr. Bernd Wolfarth: Na ja, zumindest mal in dem regionalen Leistungssport, den wir jetzt hier in Berlin abbilden: Wir betreuen einfach viele Leistungssportler hier, wir betreuen einige Vereine, wir betreuen den Olympiastützpunkt, wir betreuen auch Individualsportler – da haben wir deren medizinische Akte, zumindest soweit die Befunde bei uns erhoben wurden, die haben wir eben digitalisiert. Ich hatte das Glück, dass ich erst 2015 hergekommen bin und damals diese Abteilung auch noch nicht existierte. Damit konnte ich natürlich auch bei Null anfangen, was ja immer ein bisschen Fluch und ein bisschen Segen ist. Ich habe es mehr als Segen gesehen und konnte damit von vornherein ein System aufbauen, was schon ganz initial sehr weitgehend digitalisiert war und was dann eben innerhalb von 2, 3 Jahren dann wirklich zu digital durchorganisiert wurde. Für mich war es einfach wichtig, einen Prozess aufzubauen, der eine gute Workflow Abbildung mit sich bringt. Wir haben ein Order-Entry-System bei uns etabliert, wir haben alle wichtigen Befunde, die erhoben werden digital. Haben dann die Möglichkeit natürlich, zum einen zugunsten der Patienten, in dem Fall auch zugunsten der Sportler und Sportlerinnen, zum anderen aber, natürlich auch im Sinne von wissenschaftlichen Auswertungen, auf alle Daten dann zuzugreifen. Und das ist für mich ein extrem wichtiger Anspruch, den wir in der universitären Versorgungssituation natürlich zusätzlich auch noch haben. Und insgesamt muss man sagen, ist es eben auch eine Frage der Qualitätssicherung in dem Zusammenhang. Wir schauen auch, dass wir möglichst alle menschlichen Einflussfaktoren, die Fehler behaftet sein können, versuchen zu reduzieren, soweit es geht, dass automatische Datenzuordnungen und automatische Datenerhebungen realisiert werden. Dazu gehört natürlich auch die entsprechende Hardware auch über die IT hinaus. Aber auch da war natürlich die Prämisse bei der Auswahl der ganzen Messfunktionalität, die wir haben (das ist ja bei uns ein weites Feld vom EKG, über den Ultraschall, bis hin zu unterschiedlichen Belastungsparametern, Lungenfunktion, alle möglichen Funktionsmessplätze, die wir dann da integrieren mussten), da haben wir von vorne herein drauf geschaut, dass es intelligente Systeme sind, moderne Systeme sind, auch zukunftsweisende Systeme sind, wo wir einen entsprechenden Schnittstellenzugang haben, um das an unser Kernsystem anzubinden.
Bei allen ökonomischen Vorteilen und allem technologischen Fortschritt machen wir jedoch immer wieder die Erfahrung, dass ein entscheidender Faktor für den Erfolg von Digitalisierung, letztlich ihre Akzeptanz ist. Begegnen Sie Vorbehalten gegen die Digitalisierung?
Prof. Dr. Bernd Wolfarth: Vorbehalte gegen die Digitalisierung? Ich glaube, wenn es ein optimales System ist, das gut funktioniert, gibt es wenig bis keine Vorbehalte. Ich glaube, die hauptsächliche Problematik ist immer so das Changemanagement / die Umstellung. Und da ist es natürlich schon so, dass der Hauptvorbehalt ist, dass es was Neues ist, dass ich was ändert, dass sich vielleicht Arbeitsabläufe ändern. Und deshalb glaube ich, dass der wichtigste Anspruch sein muss, neben der Funktionalität im Backbone, das natürlich auch das Frontend gut funktioniert, dass die Leute mitgenommen werden, dass am besten eben auch zum Teil schon gut eingespielte und sinnvolle Arbeitsabläufe – deshalb sage ich ja, Workflow spielt eine große Rolle – abgebildet werden können und dazu braucht es halt flexible Systeme. Wenn es diese flexiblen Systeme gibt und die auch gut an den Bedarf angepasst sind, gibt’s eigentlich keine legitimen Vorbehalte gegen Digitalisierung.